ZART NOW HERE

sees itself as an audiovisual performance and consists of two parts, each lasting 32 minutes. The first part is Hofstetter Kurt’s music composition Zart – una cantata moebius, 2008. The second part is the audiovisual work nowhere, 2012 by Parallel Media – Barbara Doser | Hofstetter Kurt.

deutsch siehe unten

 

Zart – una cantata moebius, 2008
by Hofstetter Kurt
32 min, stereo; media: sampling / computer / electronics

listen to the music

ZART – una cantata moebius is a composition by Hofstetter Kurt, first released in 2008 at the Kiesler Foundation Vienna
The composition provokes a musical experience along the “eventhorizon of time”. Specially designed sounds provide a timeless counterpart of the infinite principle of the so-called Moebius strip. Electronically generated Moebius Sounds — played forward and reversed while sounding the same — are rated on two sound tracks. In the moment of their stereo-acoustic perception the cantata enfolds its sound potential directed both towards the future as well as towards the past.listen to the music

 

nowhere, 2012

by Parallel Media – Barbara Doser | Hofstetter Kurt
experimentelles Kunstvideo, 32 min, sw, stereo, 2012

images – Barbara Doser
music – Hofstetter Kurt

see video soon

nowhere is the synthetic interlacing of the moebius cantata ZART, played backwards with video feedback materials. Since the composition ZART follows a strictly musical dramaturgy, as a totality, it is not a Moebius-Sound. By means of the identically sounding Moebius-Sounds, its experimental reverse playback simulates a forward movement, and carries off the recipients through a dramaturgical change in direction to nowhere. In the process, the Moebius-Sounds enter into new connections and effective relations, which repeatedly flow into unexpected sound process. The synaesthetic connection to the moving picture is not capable of giving orientation – it far rather endorses this aspect. Video feedback materials are used which, owing to their methods of generation, represent a conceptually stringent pendant to the Moebius-Sounds. Here, both optical as well as acoustic principles of potential infinity are applied.
Through abstract, synthetic sound and image processing nowhere compels the listener to unconditional sensual devotion, leaving narrative moments infinitely far behind. The recipients are thrown back on themselves – alone in the here and now.

 

events

2022    zart now here, Old School, Utopienale 2022 – Havelberg, DE
2017    zart now here, Digitales Planetarium, NHM – Wien, AT
2016    zart now here, 3331 Arts Chiyoda – Tokyo, JP
2016    zart now here, Galerie Freihausgasse – Villach, AT
2012    zart now here, Semper Depot – Wien, AT
2012    zart now here, ZKM Kubus – Karlsruhe, DE

——————————————————————————————

ZART NOW HERE

versteht sich als audiovisuelle Performance und besteht aus aus zwei Teilen, die jeweils 32 min dauern. Der erste Teil ist Hofstetter Kurts Musikkomposition Zart – una cantata moebius, 2008. Den zweite Teil bildet die audivisuelle Arbeit nowhere, 2012 von Parallel Media – Barbara Doser | Hofstetter Kurt.

nowhere

nowhere thematisiert als synästhetisches opto-akustisches Werk das Nirgendwo als nicht existenten Raum voll von Ereignissen, die hier und jetzt (now here) sinnlich erfahrbar sind.
nowhere basiert auf Hofstetter Kurt’s musikalischem Werk Möbius-Kantate ZART (2008), die er ausschließlich mit seinen Möbius-Sounds komponierte. Sie werden als zeitliche Version des räumlichen Prinzips einer Möbiusschleife, wo Ober- und Unterseite ident sind, verstanden. Demnach handelt es sich um Klänge, die vor- und rückwärts gespielt ident sind – Vergangenheit und Zukunft existieren nicht bzw. fließen ineinander.
Beim vorliegenden Experiment wurde die Möbius-Kantate ZART zeitlich gespiegelt, das heißt rückwärts angelegt. Da die Kantate insgesamt kein Möbius-Sound ist, klingen beim Rückwärtsspielen lediglich Passagen gleich oder ähnlich. Die Klangfarbe bleibt erhalten. Was dabei gänzlich verloren geht, ist die kompositorische Dramaturgie, die Narration – verantwortlich für das sinnliche, emotionale auditive Erleben des Rezipienten.
Dieses „Nirgendwo“ wird als Freiraum für Bewegtbilder wahrgenommen, um auf visuellem Weg dramaturgisch einzugreifen. Zum Einsatz kommen generierte Videofeedback-Materialien, abstrakte Bilder, die am Computer bearbeitet wurden. Damit wird die der Möbius-Kantate ZART inhärente Idee des Möbius-Prinzips experimentell erweitert. Denn nowhere ermöglicht eine mehrdimensionale Wahrnehmung, wobei die akustische die visuelle lenkt und umgekehrt.

 

Statement
nowhere ist eine synästhetische Klang- und Bewegtbildkomposition aus der rückwärts angelegten Komposition ZART- una cantata moebius und bearbeiteten Video Feedback Materialien. Das experimentelle Rückwärtsabspielen von ZART täuscht durch die Möbius-Sounds ein Vorwärts vor, vollzieht jedoch radikale dramaturgische Richtungswechsel, da das gesamte Stück kein Möbius ist. Die Verbindung mit Bewegtbild initiiert ein Orientierungsspektrum, wodurch der Rezipient stetig zwischen dem „nowhere“ und dem „now here“ pendelt. Mit der Musik- und Bildebene werden emotionale Sinnzusammenhänge eröffnet, während erzählerische Momente unendlich weit entfernt bleiben. Der/die  RezipientIn wird auf Vorgänge der Perzeption zurückgeworfen und taucht immersiv, also von der Wahrnehmung der Realität abgezogen, in imaginäre, abstrakte, potentiell unendliche Bild/Klang-Welten ein, die durch schwarze Stille zwischen den vier Teilen/Sätzen voneinander getrennt liegen.

Musik
Mit der rückwärts angelegten Komposition ZART liegt ein neues, eigenständiges und musikalisch einheitliches Ganzes in vier Sätzen vor. Die reversierte Klangdramaturgie richtet sich trotz Verwendung von Möbius-Sounds(1), die vor- und rückwärts gespielt gleich klingen, gegen den ursprünglich „natürlichen“ Zeitverlauf der Komposition und führt zu einer „Entzeitlichung“ der klanglichen Kontexte. Durch diesen radikalen Richtungswechsel kommt es bei gleichbleibender Klangfarbe zu neuen Klangereignissen, insbesondere bei kompositorisch dichten Verflechtungen der Möbius-Sounds. Dort gehen die Möbius-Sounds neue Verbindungen und Wirkbeziehungen ein, die immer wieder dramatisch als unvermutete Klangprozesse aus langen Crescendi oder Decrescendi entspringen oder in sie münden. Jene strategische Stellen beanspruchen die ungeteilte Aufmerksamkeit des Zuhörers. Es sind Momente der Irritation oder der sinnlichen Neujustierung, die den Rezipienten emotional in eine Pendelbewegung zwischen dem Nirgendwo (nowhere) und dem Jetzt Hier (now here) versetzen.

Bewegtbild
Zur Interpretation bzw. Transkodierung des Hörbaren in das Sehbare wurden bei nowhere Video Feedback Bilder(2) gewählt und am Computer so weiterbearbeitet, dass sie mit ihrer Ästhetik und ihren nichtlinearen Bewegungsstrukturen und -abläufe sowohl strukturell als auch rhythmisch mit der Musik synästhetisch verwebbar sind. Der Rhythmus der Musik unterstützt und steuert die Rezeption der Formen in Bewegung, deren Bewegung als Form und umgekehrt. Gleichzeitig kommt mit dem Video Feedback System (die rückgekoppelten Bilder werden partiell unaufhörlich auf sich selbst abgebildet) ein System potentieller Unendlichkeit zum Tragen, das konzeptionell die potentielle Unzeitlichkeit der Möbius-Sounds reflektiert. Beim Entstehungsprozess der Bildwelten, schreibt Wolf Guenter Thiel, handelt es sich um keinen Abstraktionsprozess, sondern um eine „gelenkte und gestaltete Dokumentation einer visuell existenten Bilderscheinung, hervorgebracht mittels der Video-Feedback Technologie. Es entstehen Bilder ohne herkömmlichen Abbildungscharakter. Losgelöst von Gegenständlichkeit wird eine ‚Intra-Realität’ sichtbar. Diese ‚Intra-Realität’ besteht parallel und in der medial vermittelten Realität als syntaktischer und technologischer Source Code. (…) Es wird ein syntaktisches Denkgefühl initiiert oder anders gesprochen, es wird heuristisch und legt so einen abstrakt impulsiven Denkraum frei.“(3)

1 Hofstetter Kurt: „Möbius-Sounds sind Klangeinheiten, die am Ereignishorizont der Zeit entstehen. Der Anfang ist gleichzeitig das Ende des Klanges. Ein Möbius-Sound ist die zeitliche Version des räumlichen Prinzips einer Möbiusschleife, wo Ober- und Unterseite ident sind. Aus einem Klang werden zwei Tonspuren generiert, die einander entgegenlaufen, indem eine der beiden Tonspuren rückwärts angeordnet wird, sodass der Sound vor- und rückwärts gespielt ident klingt.“
2 Ein Video Feedback Prozess beginnt und führt sich fort, wenn eine Videokamera auf einen Videomonitor gerichtet wird, mit dem sie gleichzeitig verbunden ist. Das aufgenommene Videobild wird zum Monitor gesendet und von der Kamera wieder aufgenommen, um auf das vorangegangene Bild in verkleinerter Form abgebildet zu werden. Am Monitor ist die aufnehmende Videokamera zu sehen, deren Abbild sich in den Hintergrund staffelt, bis sie in einem unendlich fernen Punkt verschwindet. Wird das System durch eine leichte Irritation (etwa durch Manipulation an der Kamera oder Monitor: Helligkeit, Kontrast) aus dem Gleichgewicht gebracht, stürzt es ins Chaos. Die Lichtwerte am Monitor formen sich durch die Rückkoppelung autogenerativ zu Lichtformen, die sich gestalten lassen, je nach Manpulatiosstrategie an Monitor, Kamera oder Umgebungslicht. Durch Parallelität und Kreislauf entstehen komplexe Bildkosmen – Muster mit Formen in Bewegung und Bewegung als Form. Sie tragen eine Poesie in sich, die berührt.
3 Wolf Guenter Thiel, Statement zur Ausstellung. Barbara Doser: vide_oo im Palais Kabelwerk ArtSpace Wien 2010. http://www.sunpendulum.at/cooperation/doser/exhibition-palais-kabelwerk-2010/Statement-Wolf-Guenter-Thiel.html